Höchstadter Schüler forschen, um zu verstehen
Höchstadter Schüler forschen, um zu verstehen
W-Seminar Geschichte mit dem Snopkowski-Sonderpreis ausgezeichnet
München/Höchstadt- Dort, wo einst Mozart sein Stück „Idomeneo“ uraufführte, dort standen am Donnerstagabend sieben Schüler des Gymnasiums Höchstadt. Das Cuvilliés-Theater in München ist seit jeher ein prachtvoller Bau, wohl eines der bedeutendsten Rokoko-Theater in Deutschland. Mit seinen goldenen Verzierungen und schwungvollen Formen beeindruckte es die Abiturienten sehr. Kein Wunder, denn sie waren an diesem Abend ganz besondere Gäste. Schon zum 10. Mal wurde am Donnerstag der Simon-Snopkowski-Preis verliehen, bei dem das Engagement für jüdische Geschichte und die weitere Aufklärung des Holocaust in Bayern geehrt werden sollen. Marie-Zoé Bour, Johanna Brandt, Laura Mehring, Mareike Reiss, Jana Kraus, Paul Völlner und Oliver Mönius haben sich eben jenen Themen angenommen, haben sich auch nicht vor schwierigen Fragestellungen gescheut. In ihren W-Seminararbeiten haben sie Fragen zu Themenstellungen wie „Kauft nicht beim Juden! – Ein Vergleich zwischen nationalsozialistischen Boykottaufrufen gegen jüdische Gewerbetreibende und der aktuellen BDS-Kampagne gegen Produkte aus Israel“ oder „Die Aufarbeitung der Geschehnisse in der Burghaslacher Pogromnacht 1938“ bearbeitet. Leiter des W-Seminars war Historiker Christian Plätzer, der sich schon seit langer Zeit mit jüdischer Geschichte beschäftigt.
„Es gab viele, viele Juden in der Region“, stellt der Lehrer fest. Eben deshalb sei es auch wichtig, die lokale Geschichte aufzuarbeiten, was die Schüler in ihren Arbeiten eindrucksvoll gemacht haben. Die sieben besten hat er für den Preis beworben. Aus insgesamt 21 Einsendungen wurden dann vier Projekte ausgewählt, die preiswürdig sind. Die Schüler des Gymnasiums Höchstadt wurden dabei sogar mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Bewertet wurden sie von einer hochrangigen Jury aus Historikern und unter anderem auch von Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, und Ilse Ruth Snopkowski, Ehrenvorsitzende der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur. „Der Preis macht uns sehr stolz“, erklärt Plätzer. Das Ziel der Veranstaltung, neue Impulse zu setzen, wachsam zu machen und somit Geschichte aufzuarbeiten, hat bei seinen Schüler jedenfalls funktioniert: „Sie haben im besten Sinne des Wortes gelernt und sehen die Dinge differenzierter als zuvor“. Neben dem Gymnasium Höchstadt wurde auch noch das Regiomontanus- Gymnasium Haßfurt, das Friedrich-Rückert- Gymnasium Ebern und das Gabrieli- Gymnasium Einchstätt ausgezeichnet. Ein Preisträger war allerdings kein Schüler mehr: Altbundespräsident Joachim Gauck. Er erhielt von Ilse Ruth Snopkowski und Josef Schuster den Ehrenpreis für sein „unermüdliches Engagement“, so Schuster. Gauck könne vor allem Zuversicht ausstrahlen, „unangepasst die Verhältnisse nennen, wie sie sind“. Er spricht vor allem auch sein Misstrauen gegen das DDR-Regime an, das er als Pfarrer stets kritisch begleitete, war er doch später sogar im Neuen Forum aktiv. Eines, was dem Altbundeskanzler dabei immer half, war Zuversicht: „Wir brauchen einen Geist der Zuversicht“, appellierte er an die geladenen Gäste im Cuvilliés-Theater. Man habe ein „stabiles Gebäude“ der Demokratie errichtet, welches man nun schützen müsse. Man dürfe sich nicht von einer Minderheit verunsichern lassen. So schätze er die Vielfältigkeit in unserer Bevölkerung sehr. Man könne Heimatgefühle haben und gleichzeitig für Europa einstehen. „Bei genauem Hinsehen ist der Grund für Ängste gering und für Zuversicht groß“. Zuversicht: wohl eines der Wörter in Gaucks Leben. Und genau diese geben die jungen Menschen, die am Donnerstag ausgezeichnet worden sind. Mit ihrem Engagement, ihrer Weitsicht schon in jungen Jahren. Gerade die jungen Preisträger machen die Simon-Snopkowski-Preisverleihung zu etwas ganz besonderem, wie Bundespräsident a.D. Gauck im Gespräch klarstellt. Das sieht auch der Bayerische Staatsminister für Unterricht und Kultus, Bernd Sibler, so: „Wir alle wissen: es kommt auf die jungen Menschen an“. Man müsse forschen, um zu verstehen und sich auch in schwierige Themen einarbeiten- genau so, wie es auch die Höchstadter Schüler mit ihren W-Seminararbeiten getan haben. Im neuen Lehrplan möchte man diese Themen weiter ausweiten, versichert der Minister. Am Ende eines ereignisreichen Abends bleiben aber das Lächeln, mit dem die Schüler das Theater wieder verließen und die Zuversicht bei allen anderen Gästen, dass diese Jugendlichen die Demokratie stärken können, denn: „es liegt in unserer Verantwortung, wie wir die Zukunft gestalten“, sagt ein Bundespräsident, der sein ganzes Leben über Mut bewies und sich nie einschüchtern ließ.
Yannick Hupfer, Fränkischer Tag, 23. 07. 2018