Appell für die Zukunft

Appell für die Zukunft

Bereits zum zweiten Mal folgte Karl Graf Stauffenberg der Einladung des Gymnasiums Höchstadt, um mit der neunten Jahrgangsstufe über das Erbe seines so prominenten Großvaters, dem NS-Widerstandskämpfer, Claus Schenk von Stauffenberg zu sprechen und dem Glück, heute in einer Demokratie leben zu dürfen.

Ein großer Teil des Vortrags war der Biografie seines Großvaters gewidmet: Geboren im Jahre 1907 als Sohn eines Adelsgeschlechts wuchs er am Hofe des Stuttgarter Schlosses privilegiert und sorglos auf, war begabter Cellist, begeisterter Künstler und Lyriker, der das Ende der Monarchie in Deutschland und die neue Regierungsform der Demokratie nach dem Ersten Weltkrieg mit kritischen Augen beobachtete und sich zur Wehrmacht meldete, wo ihn die Wirren der Geschichte schließlich an die vorderste Front des Zweiten Weltkrieges hin versetzte. In dieser Zeit erfuhr er mehr über die menschenverächtlichen Praktiken der Nazis. Stauffenberg zog die für ihn einzig logische Konsequenz: sich dem Widerstand anzuschließen. Als er nach einer schweren Verletzung aus dem Kriegsdienst ausschied, stellte sein Generalstabschef ihn als Befehlshaber des Ersatzheeres in Berlin zur Verfügung – eine Position, die ihn in regelmäßigen Abständen mit Hitler zusammentreffen ließ. Stauffenberg schrieb den Walküre-Plan um: sollte es zu einem tödlichen Hitlerattentat kommen, wird die Wehrmacht sämtliche Regierungsgeschäfte übernehmen. Graf Stauffenberg pausiert an dieser Stelle den Vortrag kurz und fügt dann fast andächtig hinzu: „Danach gab er Hitler den Plan zur Unterschrift. Ich nehme an, dass er ihn nicht gelesen hat, denn Hitlers Unterschrift ist erhalten.“ Im Anschluss geht er auch kurz auf das Attentat ein, „über das ihr wahrscheinlich mehr Informationen aus dem Internet bekommen könnt, als dass ich sie aus meiner Familie je gehört habe,“ z.B. dem großen, schweren Eichentisch, unter dem der Sprengstoff in der Aktentasche seines Großvaters nicht die gewünschte Explosionswelle erreichte und die Umstände, die es seinem Großvater in der Wolfschanze unmöglich machten, die Person Hitlers mit geladener Waffe zu erschießen: Der Ort strotzte nur so von Sicherheitspersonal. „Meinem Großvater war sehr wohl bewusst, dass, egal, wie das Attentat ausgeht, es keinerlei Vorteil für ihn und seine Familie geben würde,“ sagt er sachlich und erklärt, dass der Hitlerattentäter zusammen mit anderen Widerstandskämpfern direkt nach dem Attentat getötet wurde, seine Frau mit Kindern in KZs gebracht wurde und die Nazis die „Sippe der Stauffenberg“ auslöschen wollten. Durch glückliche Zufälle ist der Plan gescheitert.

Mehr als seinen Großvater den Schülerinnen und Schülern als „ein Kind seiner Zeit“ begreiflich zu machen, den er „lieber selbst erlebt hätte, als jetzt Geschichten aus zweiter Hand über ihn zu erzählen,“ arbeitete Graf Stauffenberg aber auch die Verbindung zwischen dem Handeln des Großvaters und den heutigen demokratischen Freiheiten, die wir alle oft als eine Selbstverständlichkeit abtun, heraus. Graf Stauffenberg verweist auf das nach dem Krieg geschaffene Grundgesetz, was jeden im Raum erlaubt, zu denken, zu sagen und zu tun, was sie wollen. Er verweist darauf, dass man das gesetzlich garantierte Recht hat, sich durch Bildung ein Fundament zu erarbeiten, erfolgreich zu sein. Oder auch erfolglos bleiben zu dürfen, wenn man keine Bildung erlangen möchte. „Aber“ sagt er, „es gibt eine Kehrseite der Medaille. Wenn ihr nämlich euren Teil nicht beitragt, tragt ihr die alleinige Verantwortung dafür. Denn ihr müsst die Reaktionen eurer Eltern, Lehrern und ja, vielleicht sogar die kritischen Meinungen eurer Freunde, aushalten können.“ Und das ist der eigentliche Kern des Vortrages: ein Appell an alle Anwesenden, die diese selbstverständlichen Freiheiten genießen, wie sie seit 80 Jahren existieren, aber auch unbedingt verteidigen müssen. Mit der starken Botschaft, über Verantwortung und Selbstbestimmung endete der 90-minütige Vortrag.

Nicole Rogers

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